Brennende Wälder heizen die Atmosphäre weiter auf – und bedrohen Menschen, die nicht nach Hause flüchten können.
Aleeke lebt auf der griechischen Insel Lesbos in einem Lager für Geflüchtete. Vor zwei Jahren kam er aus Somalia dorthin. „Die Hitze der vergangenen Wochen ist beinahe unerträglich“, sagt Aleeke, der seinen echten Namen lieber nicht in einem Medium veröffentlichen will, und mit dem das Südwind-Magazin im Sommer Kontakt aufnehmen konnte. In den Zelten ist es brütend heiß.
Nach Daten des Atmosphärenüberwachungdienstes Copernicus war der Juli 2023 der heißeste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen. Mit Abstand.
Die extreme Hitze hat die Wälder und Böden ausgetrocknet. Nicht nur rund um das Mittelmeer hat die Dürre der vergangenen Jahre zu heftigen Waldbränden geführt. Auf der ganzen Welt wüten Feuer, wie eine Karte der US-Raumfahrtbehörde NASA zeigt.
Und es wird mehr davon geben: Bis 2050 werden Waldbrände um 30 Prozent zunehmen, bis Ende des Jahrhunderts könnten sie sogar um 50 Prozent häufiger auftreten, das prognostizieren Klimaforscher:innen. Manche sprechen sogar schon vom Pyrozän, dem Zeitalter des Feuers.
Fluchtwege freihalten. Urlauber:innen konnten – medial begleitet – aus den Krisengebieten evakuiert werden. Aber was ist mit den Menschen, die nicht den nächsten Flug retour nehmen können? Für die lokale Bevölkerung, die zu großen Teilen vom Tourismus lebt, ist es eine Tragödie.
Auch für Geflüchtete wie Aleeke. Als er mit dem Südwind-Magazin sprach, machte er sich große Sorgen und hatte schlaflose Nächte. Mitten im Wald von Lesbos, in Vastria, soll ein weiteres Camp für Geflüchtete gebaut werden. Genau dort, wo es für die Menschen im Brandfall kein Entrinnen mehr gibt. „Wie kommen wir dort weg, wenn ein Brand ausbricht? Von wo kommt Hilfe? Alles ist so weit weg“, fragt er.
Noch mobilisiert die Zivilgesellschaft, damit dieses Camp verhindert wird. Seit Monaten protestieren Menschenrechtsorganisationen und Aktivist:innen, darunter die Österreicherin Doro Blancke (vgl. Rubrik „Menschen, die bewegen“ in Südwind-Magazin 1-2/23), die sich auf Lesbos für die Rechte von geflüchteten Menschen stark macht. Wegen einer fehlenden Umweltstudie verhängte ein Gericht einen einstweiligen Baustopp im großen Waldgebiet. Doch kurz darauf erklärte der griechische Minister für Migration und Asyl, Dimitris Kairidis, dass das Camp in Vastria wie geplant weitergebaut werde.
Rückschlag. Wird das Camp tatsächlich in Betrieb genommen (geplant ist im Frühling 2024), ist das eine Katastrophe. „Ich habe große Angst, dass wir dorthin verlegt werden und im Brandfall eingesperrt sind“, sagt Aleeke.
Würden griechische Behörden Geflüchtete in Sicherheit bringen und öffentliche Einrichtungen für sie öffnen, genauso wie bei den Tausenden geflüchteten Urlauber:innen, die heuer auf der brennenden Insel Rhodos in einer beeindruckenden Evakuierungsaktion gerettet wurden?
Der politische Umgang mit Geflüchteten am Mittelmeer ist beispiellos fahrlässig und menschenverachtend. Wenn die Menschen auf See im Stich gelassen werden, wer sagt, dass sie vor den Flammen gerettet werden?
Berichte aus aller Welt: Lesen Sie das Südwind-Magazin in Print und Online!
Mit einem Förder-Abo finanzieren Sie den ermäßigten Abo-Tarif und ermöglichen so den Zugang zum Südwind-Magazin für mehr Menschen.
Jedes Förder-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.
Mit einem Solidaritäts-Abo unterstützen Sie unabhängigen Qualitätsjournalismus!
Jedes Soli-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.